Diese zwei halbautomatischen Kameramodi solltest Du unbedingt kennen

Der Automatikmodus ist bei Anfängern wahrscheinlich der beliebteste Kameramodus. Und das nicht ohne Grund, denn er verspricht einen schnellen Einstieg in die Fotografie, ohne die Notwendigkeit, sich mit den Grundlagen auseinanderzusetzen zu müssen.

Auch ich habe lange im Automatikmodus Bilder geschossen. Zu verlockend ist es, eine Kamera zu kaufen und sofort loszulegen.

Doch es gibt ein großes Problem bei der Benutzung des Automatikmodus: Du gibst die volle Kontrolle über die Bilderstellung an Deine Kamera ab! Machst Du im Automatikmodus ein Bild, wird anhand verschiedener Messungen jedes Mal automatisch Blendenöffnung, Verschlusszeit und ISO von der Kamera berechnet. Du musst nur noch Dein Zielobjekt fokussieren und den Auslöser drücken. Voilà!

Manchmal ist das Resultat durchaus ansprechend, keine Frage. Aber oft wirkt das Bild eindimensional, flach und ohne den kreativen Funken, der gute Bilder so attraktiv macht. Man könnte also sagen, dass der Automatikmodus routinierte, mittelmäßige Ergebnisse abliefert. Nicht mehr und nicht weniger.

Ich möchte Dir in diesem Artikel deshalb zwei halbautomatische Kameramodi vorstellen, die Dich aus dieser Mittelmäßigkeit herausholen und Dich gleichzeitig darauf vorbereiten, zu einem späteren Zeitpunkt den manuellen Modus kennen und bedienen zu lernen. Außerdem kannst Du mit den zwei Kameramodi etwa 80 % Deiner Anwendungsfälle abdecken und Deine fotografischen Möglichkeiten massiv erweitern. Versprochen! 🙂

1. Aperture-Priority Mode

Deutsche Bezeichnung: Blendenpriorität oder Zeitautomatik
Symbol auf der Kamera: A (Sony, Fuji, etc.) oder Av (Canon)
Einstellbarer Parameter: Blendenöffnung
Automatisch eingestellte Parameter: Verschlusszeit, ISO

Im Aperture-Priority Mode kannst Du Deine Blendenöffnung gezielt händisch verändern. Je nach Lichtverhältnissen passt Deine Kamera passend dazu automatisch die Verschlusszeit - deshalb auch der Name Zeitautomatik - und den ISO-Wert an. Somit hast Du die volle Kontrolle über die Tiefenschärfe Deines Bildes. Wählst Du eine mittlere bis kleine Blendenöffnung (große f-Zahl), kannst Du z. B. Landschafts- oder Architekturaufnahmen mit hoher Tiefenschärfe erzeugen. Stellst Du eine große Blendenöffnung ein (kleine f-Zahl) verringerst Du die Tiefenschärfe, was das Objekt im Fokus der Szene hervorhebt (das sogenannte Freistellen bei Porträtaufnahmen).

Aperture-Priority Mode
Aperture-Priority Mode

Im Beispiel oben sind zwei Aufnahmen zu sehen, die ich mit dem Aperture-Priority Mode geschossen habe. Das Bild links habe ich mit der extrem großen Blendenöffnung von f/1.8 geschossen, was die Tiefenschärfe des Bildes extrem reduziert. Praktisch alle Bereich um den Hirschkäfer und auch Teile vom Hirschkäfer selbst sind unscharf und verschwommen. Das Bild ist ein extremes Beispiel für eine Aufnahme mit großer Blendenöffnung. Mit f/2.2 oder f/2.5 würde der Käfer vermutlich schon deutlich schärfer erscheinen, während der Hintergrund noch leicht unscharf gewesen wäre.

Im Bild rechts habe ich den Käfer mit der Blendenöffnung f/5.6 geschossen und bekomme eine Aufnahme, in der das gesamte Tier wunderbar scharf ist. Lediglich der Hintergrund auf der oberen Seite des Bildes ist mit einer leichten Unschärfe versehen.

2. Shutter-Priority Mode

Deutsche Bezeichnung: Verschlusspriorität oder Blendenautomatik
Symbol auf der Kamera: S (Sony, Fuji, etc.) oder Tv (Canon)
Einstellbarer Parameter: Verschlusszeit
Automatisch eingestellte Parameter: Blendenöffnung, ISO

Im Shutter-Priority Mode kannst Du Deine Verschlusszeit gezielt händisch verändern. Je nach Lichtverhältnissen passt Deine Kamera passend dazu automatisch die Blendenöffnung - deshalb auch der Name Blendenautomatik - und den ISO-Wert an. Somit hast Du die volle Kontrolle über die Bewegungsunschärfe Deines Bildes. Wählst Du eine kurze bis sehr kurze Verschlusszeit, kannst Du bewegte Objekte damit im Moment "einfrieren" und klar und ohne Bewegungsunschärfe darstellen. Stellst Du hingegen eine längere Verschlusszeit ein, sorgt das dafür, dass bewegte Objekte mit einer Bewegungsunschärfe versehen werden, was dem Foto eine dynamische Komponente verleiht.

Shutter-Priority Mode
Shutter-Priority Mode

Die zwei Beispielbilder oben zeigen ganz deutlich den Unterschied zwischen einer kurzen und einer langen Verschlusszeit. Man beachte, dass beide Aufnahmen kurz nacheinander aufgenommen wurden und sich in beiden Fällen die Räder gedreht haben. Links habe ich im Shutter-Priority Mode ganz bewusst eine relativ kurze Verschlusszeit von 1/320 s gewählt, um die Bewegung des Rades einzufrieren und damit den Moment festzuhalten. Um genug Licht für die Belichtung der Kamera zu erhalten, hat die Kamera in diesem Fall automatisch die Blendenöffnung auf f/4 gestellt, weshalb der Hintergrund leicht unscharf erscheint (geringe Tiefenschärfe!).

Im Bild rechts habe ich die Verschlusszeit auf 1/30 s verlängert, was etwa der zehnfachen Verschlusszeit der linken Aufnahme entspricht. Da die Kamera durch diese verhältnismäßig lange Verschlusszeit genug Licht für die Belichtung bekommt, verkleinert sie die Blendenöffnung automatisch auf f/11. Das bewirkt natürlich gleichzeitig, dass die Tiefenschärfe wieder zunimmt und der Hintergrund praktisch gleich scharf ist wie das Objekt im Fokus. Dank der Bewegungsunschärfe durch die lange Verschlusszeit erkennt man in der rechten Aufnahme auch deutlich, dass die Räder sich bewegen. Wenn man nur die linke Aufnahme sieht, könnte man den Eindruck haben, dass die Räder stillstehen.

Anmerkung: Sowohl das rechte als auch das linke Bild habe ich in der Hocke und mit der Kamera auf meinem Oberschenkel liegend geschossen. Hätte ich die Kamera in der Hand gehabt, hätte das beim rechten Bild aufgrund der relativ langen Verschlusszeit vermutlich zu einer verwackelten Aufnahme geführt. Alternativ hätte ich natürlich auch ein Stativ verwenden können.

Fazit

Indem Du die beiden Modi Aperture-Priority und Shutter-Priority benutzt, kannst Du Deine Kamera gezielter einsetzen und hast bereits mehr Kontrolle über den Prozess der Bildentstehung als im Automatikmodus. Du kannst händisch entweder die Blendenöffnung (Aperture-Priority) oder die Verschlusszeit (Shutter-Priority) verändern, während die Kamera die restlichen Parameter automatisch einstellt. Das ist auch der Grund, warum man bei diesen Modi von halbautomatischen Kameramodi spricht.

Du kannst Aperture-Priority und Shutter-Priority immer dann benutzen, wenn Du ganz genau weißt, dass Du entweder die Tiefenschärfe oder die Bewegungsunschärfe in Deiner Aufnahme kontrollieren willst. Meiner Erfahrung nach besteht die Praxis zu etwa 80 % aus genau diesen zwei Situationen. Wenn Du also diese zwei Modi beherrscht, bist Du gut gerüstet.

Ein riesiger Vorteil bei der Benutzung von Aperture- und Shutter-Priority ist auch die schnelle Bedienbarkeit. Da man nur einen Parameter händisch ändern muss, ist man viel eher in der Lage, spontane Schnappschüsse zu machen als bei der manuellen Einstellung aller Parameter.

Selbstverständlich haben beide halbautomatischen Modi aber auch Grenzen. Problematisch wird es z. B. immer dann, wenn zu wenig Licht vorhanden ist (Dämmerung oder Nacht) und der ISO-Wert von der Kamera dadurch automatisch extrem hochgeregelt wird (Qualitätsverlust durch starkes Bildrauschen). Das betrifft aber nicht nur den Aperture- und Shutter-Priority Mode, denn Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen sind in der Fotografie immer eine Herausforderung.

Manchmal gibt es auch die Situation, dass man eine bestimmte Tiefenschärfe und Bewegungsunschärfe kombinieren möchte. Das ist mit beiden Modi schwierig, da der von der Kamera gesteuerte Parameter dem händisch eingestellten Parameter immer entgegenwirkt. Lange Verschlusszeiten und große Blendenöffnungen sind eine Kombination, die man deshalb sowohl mit Aperture-Priority als auch mit Shutter-Priority kaum hinbekommt.

In solchen Fällen ist es unumgänglich, den manuellen Kameramodus zu benutzen! Dort hat man die volle Kontrolle über alle Parameter der Kamera und kann dadurch das Bild genau so einfangen, wie man es sich vorstellt.
Anfängern empfehle ich jedoch, dass sie sich erst einmal mit den in diesem Artikel vorgestellten, halbautomatischen Kameramodi beschäftigen. Mit etwas Übung und Erfahrung ist der nächste Schritt dann der Übergang zum manuellen Kameramodus.

Also: Schnapp Dir Deine Kamera, geh hinaus und überleg Dir, welche Motive Du mit Aperture-Priority und welche Du mit Shutter-Priority schießen könntest. Dabei kannst Du ruhig ein wenig experimentieren! So lernst Du Deine Kamera besser kennen und entwickelst ein Gefühl dafür, wann Du welchen Modus einsetzen und welche Effekte Du damit erzielen kannst.

Viel Spaß! 🙂

Titelbild: TheRegisti @Unsplash



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