Veröffentlicht in Vater sein.
Bist Du in Verbindung mit Deinem Kind?
Geschrieben von Fabian Rojas am .
Darf ich vorstellen: der süße Teddybär im Titelbild heißt Otto. Bis vor Kurzem war Otto noch im Besitz meines Sohnes, mittlerweile gehört er mir. Wie es dazu gekommen ist und welche wertvolle Erkenntnis ich daraus ziehen konnte, das erzähle ich Dir in diesem Artikel.
Vor etwa drei oder vier Wochen, als mein Sohn bei mir übernachtete, kam er verweint und völlig aufgelöst gegen etwa 23:00 Uhr zu mir ins Wohnzimmer. Ich nahm ihn sofort in meine Arme, hielt ihn ganz fest und ließ ihn meine Präsenz spüren. Erst nach ein paar Minuten hatte er sich so weit beruhigt, dass er mir mit Tränen in den Augen erzählen konnte, was ihm passiert war.
Es war Angst, die ihn zu mir geführt hatte. Angst vor einem Objekt in seinem Zimmer, das ihm in dieser Nacht wie ein Monster erschien. Zusammen gingen wir in den Raum (er immer noch fest verankert in meinen Armen) und ich entfernte besagtes Objekt. Seltsam, wie eigentlich harmlose Dinge in unserer Fantasie zur Bedrohung werden können, wenn die Umstände es erlauben.
Danach legte ich mich mit meinem Sohn zusammen in sein Bett und er schmiegte sich ganz eng an mich. Ich erzählte ihm, dass es vollkommen normal ist, Angst zu haben und dass jeder Mensch solche Situationen erlebt. Ich nahm seine Gefühle ernst und gab ihm die Nähe und Sicherheit, die er in diesem Moment brauchte.
Wir sprachen darüber, dass alle Menschen in ihrem Leben phasenweise Angst erleben und dass er jederzeit die Möglichkeit hätte, mit seiner Mama, mit mir oder mit anderen vertrauten Menschen darüber zu sprechen. Mir war es wichtig, ihn zu ermutigen, diese Angst nicht einfach hinunterzuschlucken, sondern sich bei Bedarf Hilfe zu holen und darüber sprechen zu können.
Langsam beruhigte er sich und er fragte mich, ob ich auch schon Angst gehabt hätte. "Ja, klar!", erwiderte ich. "Wieso hattest Du Angst?", fragte er. Ich überlegte kurz, und dann erzählte ich ihm die Geschichte des Teddybären mit den leuchtenden Augen.
Der Teddybär mit den leuchtenden Augen
Es war vor vielen Jahren, als ich etwa vier oder fünf war, da lag ich eines Nachts wach in meinem Bett. Mein Bruder schlief tief und fest unter mir (wir hatten ein Stockbett, ich war oben). Ich weiß nicht mehr genau, warum ich nicht mehr schlafen konnte, aber plötzlich drehte ich mich auf die rechte Seite. Dort stand ein großer Kleiderschrank, auf dessen Oberseite allerhand Krimskrams gelagert wurde. Alte Spielsachen, fertig gebaute Lego-Sets, sonstige Basteleien. Nichts Ungewöhnliches für ein Kinderzimmer also.
Doch in dieser Nacht war da etwas Ungewöhnliches: Zwei Augen leuchteten mich an! Ich erschrak. Was war das? War das ein Monster, das sich auf dem Schrank versteckt hatte und auf die Nacht gewartet hatte, um mich und meinen Bruder zu besuchen? Vor lauter Angst steckte ich den Kopf unter die Decke in der Hoffnung, dass diese leuchtenden Augen weggehen würden. Doch sie gingen nicht weg, denn als ich den Kopf wieder hinausstreckte, waren sie immer noch da.
Irgendwann hatte ich solche Angst, dass ich all meinen Mut zusammennahm, schnell das Stockbett hinunterkletterte und mein Zimmer verließ, um meine Mama zu holen. Meine Mama tröstete mich und zusammen gingen wir in mein Zimmer, um das Ding mit den leuchtenden Augen zu entfernen.
Wie sich herausstellte, war die Ursache für die leuchtenden Augen ein Teddybär, der oben auf dem Schrank lag. Vermutlich hatte mein Bruder oder ich ihn irgendwann hinaufgeworfen und ihn dort liegen lassen. Die Knopfaugen des Bären wurden in dieser Nacht von einem schmalen Streifen Licht angeleuchtet, der über einen Spalt im Vorhang seinen Weg ins Zimmer gefunden hatte. Dadurch erschienen sie mir wie zwei leuchtende Punkte im Dunkeln.
Nachdem meine Mama den Teddybären heruntergenommen hatte, waren auch die komisch leuchtenden Augen nicht mehr da und ich konnte beruhigt weiterschlafen.
Was hat Teddy Otto damit zu tun?
Nachdem ich die Geschichte vom Teddybären mit den leuchtenden Augen erzählt hatte, fragte mich mein Sohn, ob ich diesen Teddybären noch besitzen würde. "Nein, den habe ich schon lange nicht mehr!", erwiderte ich lächelnd. Wir redeten noch eine Weile über Angst, Plüschtiere und warum leuchtende Augen seltsam sind. Und ich hatte den Eindruck, dass er froh darüber war zu hören, dass sogar sein Papa manchmal Angst hatte (und auch immer noch hat, von Zeit zu Zeit).
Am nächsten Tag erzählte mein Sohn mir die Geschichte vom Teddybären mit den leuchtenden Augen mehrer Male und wollte noch ganz viele Details wissen. Beispielsweise darüber, wie seine Oma mir geholfen hat und was dann mit diesem Teddybären passiert ist. Ehrlich gesagt konnte ich mich nicht mehr an allzu viele Details erinnern, aber diese Geschichte blieb ihm so präsent, dass er sie auch seiner Mama mehrere Male mit Begeisterung erzählte.
Und damit schließt sich der Kreis: Denn als ich ihn gestern Abend zu seiner Mama gebracht habe, wollte er unbedingt, dass ich mit ihm in sein Zimmer gehe. Dort überreichte er mir dann voller Stolz einen seiner Teddybären, nämlich Otto. "Schau Papi, ich schenke dir diesen Bären, damit Du keine Angst mehr vor leuchtenden Augen haben musst! Denn die Augen von Otto leuchten nie im Dunkeln!".
Ich war gerührt und sprachlos! Eine so süße, selbstlose und schöne Geste von meinem eigenen Kind zu erfahren - das machte mich unglaublich glücklich! Heute sitzt Teddy Otto bei mir in meinem Bett und jedes Mal, wenn ich ihn sehe, denke ich an mein Kind, das mir diesen Teddy geschenkt hat, weil es nicht will, dass ich Angst habe. Weil es möchte, dass es mir gut geht. Und weil es dadurch eine ganz besondere Verbindung zu mir geschaffen hat.
Fazit
Es ist nicht immer einfach, zu (den eigenen) Kindern eine Verbindung aufzubauen. Manchmal habe ich bspw. den Eindruck, dass mein Sohn mich nicht ernst nimmt, dass er macht, was er will und mich nicht respektiert. Wenn ich dann aber sehe, wie wichtig es ihm ist, dass ich keinen Teddybären mehr mit leuchtenden Augen erleben muss, werde ich wieder gewahr, dass meine Wahrnehmung täuscht.
Das Beispiel mit dem Teddybären hat mir außerdem eindrücklich gezeigt, dass die Beziehung zu unseren Kindern keine Einbahnstraße ist. Ich hätte meinem Sohn im Beispiel oben durchaus sagen können, dass seine Angst bald wieder weggeht, dass alles nicht so schlimm ist und dass er sich bald wieder beruhigen wird. Hätte das unsere Verbindung gestärkt? Vermutlich nicht wirklich.
Dadurch, dass ich mich ihm gegenüber jedoch geöffnet habe, hat er gesehen, dass auch andere Menschen Angst verspüren. Und er hat gesehen, dass das vollkommen in Ordnung ist.
Also: Jedes Mal, wenn Du eine Verbindung zu Deinen Kindern eingehst, einen Dialog eröffnest, Respekt zeigst, Präsent bist und etwas von Dir zeigst, schaffst Du einen Raum des Vertrauens. Manchmal, wenn nicht sogar oft (je nach Alter und Situation) kommt darauf keine Reaktion, ein einigen Fällen sogar Ablehnung. Von Zeit zu Zeit jedoch wirst Du selbst erstaunt sein, zu welch wunderschönen Gesten Deine Kinder fähig sind.
Und einer Sache bin ich mir sehr sicher: Du wirst Deine Kinder immer erreichen, wenn Du eine Verbindung zu ihnen aufbaust! Selbst wenn sie es Dir gegenüber nur selten zeigen oder erwähnen, wirst Du sie damit immer berühren. Auf vielfache Art und Weise! ☺️
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